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10    Serielle Schnittstellen

Einstieg Serielle Schnittstellen sind die klassischen Verbindungen zwischen Rechner und Eingabegeräten. Während sie in der PC-Umgebung allmählich verdrängt werden, spielen sie im industriellen Bereich noch eine große Rolle.
Summary Serial interfaces are the classical connections between computer and its input devices. While being replaced step by step in the home computer area they still have a significant share in industrial systems.

10.1   Bedeutung, Abgrenzung

Bis vor wenigen Jahren war die Sternstruktur die einzige Möglichkeit, Peripheriegeräte mit einem Rechner zu verbinden. Jedes Gerät wird dabei über eine eigene Leitung an den Rechner angeschlossen, der genau so viele Schnittstellen bereitstellen muss.
Dabei unterscheidet man noch zwischen parallelem (n Bits gleichzeitig auf n Leitungen) und seriellem Anschluss (n Bits nacheinander auf einer Leitung). Auf die Parallelschnittstelle will ich hier nicht weiter eingehen, da sie bei Eingabegeräten kaum eine Rolle spielt.
Bei den seriellen Schnittstellen gibt es synchrone und asynchrone, Strom- und Spannungsschnittstellen, genormte und ungenormte. Durch unterschiedliche Anforderungen an Übertragungsgeschwindigkeit, Entfernung und Übertragungssicherheit sind verschiedene Varianten entstanden, von denen ich die am weitesten verbreiteten unter Berücksichtigung folgender Parameter beschreiben möchte:
  • Form der Steckverbindung
  • Anschlussbelegung des Steckers
  • Physikalischer Informationsträger
  • Übertragungspegel
  • Übertragungsprotokoll (Synchronisation, Anzahl und Zuteilung der Leitungen, Datensicherung)
  • Vor- und Nachteile
Vor der eigentlichen Beschreibung noch einige Begriffsklärungen:

    Synchronisation

Man unterscheidet zwischen synchroner und asynchroner Übertragung der meist seriell auf einer Leitung gesendeten Daten (Bit-Synchronisation). Bei der synchronen Übertragung verwendet man zusätzlich zur eigentlichen Datenleitung eine Synchronisationsleitung (Taktleitung, Clockleitung), auf der durch den Signalzustand oder durch einen Zustandswechsel (Flanke) mitgeteilt wird, wann auf der Datenleitung stabile gültige Zustände abgefragt werden können. Bei der asynchronen Übertragung muss vorher ein gemeinsames Datenformat zwischen Sender und Empfänger festgelegt sein, also die Anzahl der zu einem Zeichen gehörenden Datenbits (meistens 8, manchmal 7), die Anzahl der führenden Synchronisationsbits (meist 1 "Startbit"), Anzahl und Polarität der Sicherungsbits (0 oder 1 "Paritätsbit", gerade oder ungerade), Mindestpausenlänge zwischen zwei Zeichen (1 oder 2 "Stopbits"), die Frequenz, mit der aufeinanderfolgende Bits übertragen werden ("Baudrate") sowie die Reihenfolge der Datenbits (meist LSB zuerst). Für die Zeichensynchronisation verzichtet man bei den Eingabegeräten meist auf zusätzliche Maßnahmen. Geht sie durch Störungen verloren, kann sie deshalb erst durch längere Übertragungspausen wiederhergestellt werden. Eine Blocksynchronisation, d.h. eine Zusammenfassung in Blöcke aus jeweils 1 Startbyte, n Datenbytes und 1 Sicherungsbyte, ist bei Computer-Eingabegeräten nicht üblich.

    Symmetrie

Bei unsymmetrischer Übertragung (wie z.B. nach der CCITT-Festlegung V28) wird pro Datenkanal eine Ader verwendet. Die informationstragenden Spannungspegel beziehen sich auf eine "Signalerde", die für alle Kanäle und meist auch für die Versorgungsspannung über eine gemeinsame Ader verbunden ist. Bei symmetrischer Übertragung werden pro Kanal zwei Adern verwendet, wobei die zweite Ader oft den invertierten Pegel der ersten überträgt. Im Empfänger wird dann die Spannungsdifferenz der beiden Adern ausgewertet.

    Zuteilung der Leitungen

Bei Duplexbetrieb (auch Vollduplexbetrieb genannt) ist für jede Übertragungsrichtung ein Kanal mit je 1 oder 2 Adern vorgesehen. Dabei müssen beide beteiligten Übertragungseinrichtungen gleichzeitig senden und empfangen können. Bei Eingabegeräten kommt es häufig vor, dass keine Übertragung vom Rechner zum Eingabegerät nötig ist. Diesen Sonderfall bezeichnet man auch als Simplexbetrieb. Beim Halbduplexbetrieb wird für beide Übertragungsrichtungen ein gemeinsamer Kanal benutzt. Da gleichzeitiges Senden und Empfangen hier nicht möglich ist, muss durch geeignete Maßnahmen, z.B. durch eine Handshake-Prozedur, sichergestellt werden, dass immer nur ein Teilnehmer sendet und der andere empfangsbereit ist. Eine Verklemmung ("Deadlock") kann man durch Vorrang für einen Teilnehmer vermeiden.

    Datensicherung

Bei der Datenübertragung von einem Eingabegerät zum Rechner wird auf eine Datensicherung oft völlig verzichtet. Man verwendet höchstens ein Paritätsbit, das die Anzahl der logisch-1-bits eines Zeichens je nach Vereinbarung auf eine gerade oder eine ungerade Anzahl ergänzt. Mit dieser einfachen Methode können Einzelfehler pro Zeichen erkannt, aber nicht korrigiert werden. Sie ist deshalb nur sinnvoll, wenn ein Rückkanal vorhanden ist, über den eine Wiederholung der fehlerhaften Übertragung angefordert werden kann.

10.2   RS232C (V24/V28)

Eine der ältesten und weitverbreitetsten seriellen Schnittstellen ist in der US-Vorschrift RS 232 C beschrieben. Sie wurde ursprünglich genormt für die Verbindung eines Rechners mit einem Modem. In Europa wurden diese Festlegungen übernommen und aufgeteilt in zwei CCITT-Vorschriften: V24 beschreibt Steckerbelegung und Protokoll, V28 die elektrischen Eigenschaften (Nennwerte und Toleranzen der Pegel, Nennwerte und Toleranzen der Zeitintervalle).
(Schaltungsprinzip s. Abb. 10-1)
Ihre Anwendung ist beschränkt auf relativ kleine Entfernungen und niedrige Baudraten. In der Praxis gelten Entfernungen bis 15 m und Baudraten bis 9600 Bd als ausreichend störsicher für die meisten Anwendungen. Die wichtigsten Eigenschaften in Tabellenform:

Träger Spannungspegel
Symmetrie asymmetrisch: 1 Leitung/Richtung und gemeinsame Rückleitung
Taktung asynchron: Bitdauer zwischen Teilnehmern vereinbart, Synchronisierung durch Startbit für jedes Datenwort
Pegel nominal Sendepegel Empfangspegel
Daten   mark (1) - 12 V - 15... - 5 V - 25... - 3 V
space(0) + 12 V + 5... + 15 V + 3... + 25 V
Steuerung   mark (1) + 12 V + 5... + 15 V + 3... + 25 V
space(0) - 12 V - 15... - 5 V - 25... - 3 V
Geschwindigkeiten 300, 600, 1200, 2400, 4800, 9600 Bd
Entfernungen bis zu 15 m (bis zu 30 m mit dämpfungsarmen Kabeln)
Bitprotokoll 1 Start, 7 oder 8 Datenbit, 0 oder 1 Paritätsbit gerade/ungerade, 1 oder 2 Stopbit.
Übertragung beginnt mit dem LSB.
Leitungszuteilung Vollduplex- oder Simplexbetrieb
Steckertyp Subminiatur-D-Stecker 25 polig
Steckerbelegung Rechner (DEE, DTE) Modem (DÜE, DCE)
(Abb. 10-2) 25-pol. D-Sub Stift 25-pol. D-Sub Buchse
Versorgung Die Norm rechnet damit, dass beide Teilnehmer sich selbst versorgen. Bei Kleinverbrauchern (z.B. Maus) wird auch oft eine Steuerleitung der Schnittstelle "angezapft".
Varianten
Steckertyp   Eine "abgemagerte" Variante kommt mit wesentlich weniger Leitungen aus und verwendet deshalb oft 9-polige Stecker mit abweichender Belegung: (s. Abb. 10-2)
Nullmodem   Verwendet man die Schnittstelle zur Verbindung gleichartiger Geräte, z.B. zweier Rechner, setzt man sogenannte Nullmodemkabel ein, bei denen die Datenleitungen und eventuell vorhandene Steuerleitungen paarweise gekreuzt werden.
Vorteile genormt, weitverbreitet, wenig Leitungen
Nachteile kleines Entfernungs-Bandbreiten-Produkt, viele Varianten

Datenendeinrichtungen (DEE, Rechner, Terminal) senden an Pin 2 und empfangen an Pin 3, Datenübertragungseinrichtungen (DÜE, Modem) umgekehrt. Verbindet man zwei solche Geräte, muss man also diese Anschlüsse 1:1 durchverbinden. Will man jedoch, was in der Norm nicht vorgesehen ist, die Schnittstelle zur Verbindung zweier Rechner verwenden, werden beide auf Pin 2 senden. Man muss deshalb die Leitungen 2 und 3 im Kabel über Kreuz verbinden. Man nennt solche Kabel auch Nullmodemkabel. Dieser einfache Sachverhalt wurde leider durch eine ziemlich unglückliche Nomenklatur verkompliziert. Laut Norm heißt das Signal an Pin 2 auf der Rechnerseite "Send Data" (Sendedaten) und auf der Modemseite "Receive Data" (Empfangsdaten), das Signal an Pin 3 auf der Rechnerseite "Receive Data" und auf der Modemseite "Send Data". Das ganze Durcheinander, das dadurch entstanden ist, hätte sich leicht vermeiden lassen durch Benennung der Signale z.B. als "Rechner sendet" und "Rechner empfängt".

Eine Weiterentwicklung, die in vielen Fällen mit RS-232 kompatibel ist, wird in EIA/TIA-562 beschrieben, dazu häufig eingesetzte RJ-45 Stecker und ihre Belegung (s. Abb. 10-2) in EIA/TIA-561.
Durch härtere Anforderungen an Anstiegszeiten und Überschwingverhalten können die Datenraten auf 38.2 (offiziell) bzw. 64 kbit/s (praktisch) erhöht werden.
Durch Umdefinition der Sende- und Empfangspegel kann die Schnittstelle mit 3.3 V versorgt werden, was sich vor allem bei tragbaren Geräten als Leistungseinsparung positiv bemerkbar macht.
Nachteilig ist die größere Empfindlichkeit gegenüber externen Störungen. Geschirmte Leitungen sind deshalb unumgänglich.

10.3   RS422 (V11)

Als Zentraleinheit und Peripheriegeräte immer schneller wurden und immer weiter auseinanderrückten, reichte die Leistung der RS232C nicht mehr aus. Man normte eine symmetrische Schnittstelle, mit der wesentlich höhere Baudraten und/oder Entfernungen erzielt werden konnten. Steckertyp und -belegung wurden jedoch nicht genormt.
Die Schnittstelle ist beschrieben in der US-Norm RS422 bzw. in der CCITT-Empfehlung V11.
Schaltungsprinzip s. Abb. 10-3

Träger Spannungspegel
Symmetrie symmetrisch: 2 Leitungen/Richtung
Taktung asynchron: Bitdauer zwischen Teilnehmern vereinbart, Synchronisierung durch Startbit für jedes Datenwort
Pegel nominal Sendepegel Empfangspegel
Leitung +Tx/+Rx   mark (1) 0 V < + 0.2 V
space(0) + 5 V > + 2 V > + 0.2 V
Leitung -Tx/-Rx   mark (1) + 5 V > + 2 V > + 0.2 V
space(0) 0 V < + 0.2 V
Geschwindigkeiten 100 kBd 1 MBd 10 MBd
Entfernungen 1200 m 120 m 12 m
Bitprotokoll 1 Start, 7 oder 8 Datenbit, 0 oder1 Paritätsbit gerade/ungerade, 1 oder 2 Stopbit.
Übertragung beginnt meist mit dem LSB.
Steckertyp nicht genormt
Steckerbelegung nicht genormt
Versorgung nicht festgelegt
Varianten
RS423 (V10)   Asymmetrische Variante mit 1 Leitung/Richtung und gemeinsamer Rückleitung: Billiger, aber schlechtere Eigenschaften.
RS485   Mehrere Sender und Empfänger können über Busleitungen parallel verbunden werden. Nur ein Teilnehmer darf jeweils senden (Halbduplexbetrieb). Dies muss durch eine höhere Protokollschicht garantiert werden.
Vorteile Größere Baudraten oder Entfernungen bei gleicher Sicherheit
Nachteile Pro Übertragungsrichtung eine zusätzliche Ader

10.4   Stromschleife ("Current Loop")

Aus der Fernschreibtechnik stammt diese Schnittstellenfamilie ursprünglich. Sie wird deshalb auch als Teletype- (TTY-) Schnittstelle bezeichnet. Sie wurde nie genormt und existiert deshalb in vielen Varianten. (2 Beispiele in den Abb. 10-4 und Abb. 10-5).
Die fehlende Normung hat Vor- und Nachteile. Vorteilhaft ist, dass sich kundenspezifische Lösungen auf die jeweilige Anwendung optimieren lassen. Nachteilig ist der höhere Aufwand (es gibt keine integrierten Treiberschaltungen) und die Inkompatibilität zwischen Geräten verschiedener Hersteller.
Während bei den Fernschreibern zur galvanischen Trennung zunächst ausschließlich Relais verwendet wurden, sind diese heute durch Optokoppler ersetzt, mit denen sich höhere Geschwindigkeiten erreichen lassen.
Von den ursprünglich weit verbreiteten zwei Strompegelvarianten 60 mA und 20 mA ist heute nur noch die 20 mA - Variante gebräuchlich.
Stromschleifen erlauben größere Bandbreiten oder Entfernungen als RS232C. Beide Maximalwerte lassen sich in gewissen Grenzen gegeneinander aushandeln.

Träger Strompegel
Symmetrie asymmetrisch: 1 Leitung/Richtung und gemeinsame Rückleitung
symmetrisch: 2 Leitungen/Richtung (getrennte Rückleitungen)
Taktung asynchron: Bitdauer zwischen Teilnehmern vereinbart, Synchronisierung durch Startbit für jedes Datenwort
Pegel mark(1) + 20 mA (60 mA)
space(0) 0 mA
Geschwindigkeiten 300, 600, 1200, 2400, 4800, 9600, 19200 Bd
Entfernungen
asymmetrisch   50 m / 9600 Bd
symmetrisch   1000 m / 9600 Bd 500 m / 19200 Bd
Bitprotokoll 1 Start, 7 oder 8 Datenbit, 0 oder 1 Paritätsbit gerade/ungerade, 1 oder 2 Stopbit
Steckertyp nicht genormt
Steckerbelegung nicht genormt
Versorgung Spannung beliebig, Strom = 20 mA, wird von einem Teilnehmer geliefert
Varianten
Zuordnung   Invertierend oder nicht invertierend.
Symmetrie   Gemeinsame (3-Draht) oder getrennte (4-Draht) Rückleitungen
Versorgung Sender aktiv (liefert Strom) oder Empfänger aktiv
Abb. 10-6 zeigt die möglichen Schaltungsvarianten (jeweils eine Richtung dargestellt) und eine einfache Steckbrückenanordnung, mit der sich alle diese Varianten ohne Änderung des Leiterplattenlayouts realisieren lassen.
Anzahl Vereinzelt werden auch mehrere Sender oder Empfänger ringförmig verbunden. Immer nur ein Sender kann dann aktiv sein.

10.5   Synchrone Schnittstelle mit TTL-Pegeln

Speziell zum Anschluss von Tastaturen an PCs wurde (ursprünglich von IBM) eine synchrone Schnittstelle mit TTL-Pegeln entwickelt. Sie wurde schon in Abschnitt 3.7.1: MF2-Tastatur beschrieben. Hier noch einmal die wichtigsten Daten zum Vergleich.
Die Tastatur wird über die Schnittstelle vom Rechner mit geregelten + 5 V versorgt. Dafür werden 2 Leitungen verwendet. Außerdem gibt es je eine Leitung für Daten (im Halbduplexbetrieb in beiden Richtungen) und Takt (immer vom Rechner bereitgestellt). Beide Signalleitungen verwenden asymmetrische TTL-Pegel.
(Schaltung s. Abb. 10-7)

Träger Spannungspegel
Symmetrie asymmetrisch: 1 Leitung, Rückleitung über Versorgungsmasse, Halbduplexbetrieb: PC und Tastatur können nicht gleichzeitig senden.
Taktung synchron, PC liefert den Takt für beide Richtungen
Pegel aktiv (1) + 2.4 V ... + 5.5 V
inaktiv (0) 0 V
Geschwindigkeiten abhängig vom Takt, üblich etwa 10...15 kBd
Entfernungen bis zu 5 m
Bitprotokoll 1 Startbit, 8 Datenbit, 1 Paritätsbit ungerade, 1 Stopbit Übertragung beginnt mit dem LSB.
Steckertyp Rundstecker 5-pol. / 6-pol.
Steckerbelegung 5-pol Belegung 6-pol
(s. Abb. 10-7) 1 CLOCK Synchrontakt 5
2 DATA Sende- / Empfangsdaten 1
5 + 5 V Versorgung 4
4 0 V (GND) Betriebserde 3
Versorgung + 5.0 V geregelt aus dem Rechner
Varianten
AT   5-poliger Rundstecker nach DIN
PS/2   6-poliger Rundstecker ("Mini-DIN")