Hintergrund Kapitel Abbildungen Literatur Dialog

6    Magnetkartenleser

Einstieg Magnetkarten werden eingesetzt zur Speicherung von kleineren Datenmengen bei mittleren Sicherheitsanforderungen. Sie sind mit speziellen Geräten wiederbeschreibbar und liegen preislich zwischen Barcode und Chipkarten.
Summary Magnetic cards are used for storing small amounts of data with medium safety requirements. Using special equipment they can be rewritten. Their properties, including costs, lie in-between barcode and smart cards.

6.1   Definition, Bedeutung, Einsatzgebiete

Als maschinenlesbare "Ausweise" sind Magnetkarten weitverbreitet, kleine Karton- oder Plastikkarten mit einem Streifen aus magnetisierbarem Material. Von der Ausgabestelle werden bestimmte Bereiche ("Spuren") dieses Streifens mit einem Magnetkartencodierer mit magnetisch codierten Informationen "beschrieben". Die Datenmenge ist auf ca. 200 alphanumerische Zeichen begrenzt. Die Information besteht meist aus personenbezogenen Daten und/oder einem Gültigkeitszeitraum.
Der Ausweisinhaber kann nachweisen, dass er zu bestimmten Aktionen berechtigt ist, indem er die auf seiner Karte gespeicherten Informationen über einen Magnetkartenleser in einen Computer eingibt. Dieser vergleicht sie mit gespeicherten Daten und entscheidet dann, ob die Berechtigung besteht oder nicht:
Die folgende Tabelle zeigt einige wichtige Einsatzgebiete:

Skilift Zugangsberechtigung mit zeitlicher Begrenzung
Schwimmbad Zugangsberechtigung
Parkhaus Ausfahrtberechtigung
Sicherheitsbereich Zugangsberechtigung
Kreditkarte Abbuchung vom Konto
Bankautomat Kontoauszug
Kopiergerät Benutzung und Abbuchung

    Vorteile:

  • Billige Speicherung kleiner Datenmengen
  • Billige Eingabegeräte
  • Unempfindlich gegen Beschädigung
  • Wiederbeschreibbar
  • Ohne Eingabegerät nicht lesbar

    Nachteile:

  • Datenmenge begrenzt
  • Wiederbeschreibbar
  • Ohne Eingabegerät nicht lesbar
  • Bei Verlust relativ leichte Möglichkeit der missbräuchlichen Verwendung

Bei Betrugsabsicht können normale Magnetkarten relativ leicht gelesen und wieder beschrieben werden. Bei hohen Sicherheitsansprüchen (Geldautomaten, Zugang zu Sicherheitsbereichen usw.) müssen deshalb weitere Maßnahmen getroffen werden:
  • Verwendung hochkoerzitiven Materials, das nur einmal beschrieben werden kann.

  • Zweiter Berechtigungsnachweis, zum Beispiel durch eine Geheimnummer, die über eine Tastatur eingegeben wird (PIN: Personal Identification Number).

6.2   Bedienung

Magnetkartenleser lassen sich nach der Bedienungsart in drei Kategorien einteilen:
  • Beim Durchzugsleser (mit Handbetrieb) wird die Karte in voller Länge des Lesers in einem einseitigen Führungsschlitz von Hand durchgeschoben oder durchgezogen. Bei der Vorbeibewegung an einem Lesekopf wird die Information gelesen. Es handelt sich um einfache und preiswerte Geräte. Bei der Bewegung müssen bestimmte Geschwindigkeitsgrenzen eingehalten werden. Die Fehlerquote beim Lesevorgang ist relativ hoch. Bei Verschmutzung der Karte spielt auch der "Schlaglocheffekt" eine Rolle.

  • Beim Einsteckleser (ebenfalls mit Handbetrieb), der vor allem bei begrenzten Platzverhältnissen eingesetzt wird, wird die Karte bis zum Anschlag in einen zweiseitigen Führungsschlitz gesteckt. Um die Entnahme zu ermöglichen, muss sie noch ein Stück herausschauen. Es kann deshalb nur etwa die Hälfte der Magnetstreifenlänge ausgenutzt werden. Der Lesertyp ist preiswert, aber ähnlich fehleranfällig wie der Durchzugsleser.

  • Einzugsleser sind motorbetrieben. Sie ziehen die Karte mit gleichmäßiger Geschwindigkeit ein. Die Fehlerquote ist deshalb wesentlich niedriger. Weil die Karte auch motorisch wieder ausgegeben wird, kann sie in voller Länge am Lesekopf vorbeibewegt werden. Einzugsleser sind um Größenordnungen teurer. Konstruktionsbedingt ist die Karte zumindest zeitweise dem Zugriff des Benutzers entzogen. Die Leser werden eingesetzt, um diese Zugriffskontrolle oder die höhere Lesesicherheit auszunutzen.

6.3   Genormte Magnetkarten

6.3.1 Abmessungen

Magnetkarten sind nach ISO 7810 genormt mit einer Länge von etwa 85.5 mm, einer Breite von 54 mm und einer Dicke zwischen 0.17 und 0.8 mm. Auch Material, Durchbiegung und viele andere physikalische und chemische Eigenschaften sind in der Norm erfasst. Die genauen Abmessungen und Toleranzen können aus Abb. 6-1 entnommen werden.

6.3.2 Magnetspuren

Die Norm definiert bis zu drei Spuren auf einem etwa 10 mm breiten Magnetstreifen. Die genauen Abmessungen zeigt Abb. 6-2. Der übrige Teil der Karte sowie ihre Rückseite können zusätzliche, menschenlesbare Daten enthalten. Ein bestimmter Bereich kann auch mit geprägten Zeichen versehen werden. Diese genormte Prägung darf jedoch den Magnetlesebetrieb nicht stören.

6.4   Funktion

Beim Vorbeibewegen der magnetisierten Spur an einem Lesekopf wird bei jedem Wechsel der magnetischen Flussrichtung ein Spannungsimpuls induziert, dessen Amplitude vom Abstand zwischen Kopf und Spur und der Bewegungsgeschwindigkeit abhängt (Abb. 6-5). Durch Integration und nachfolgende Verstärkung wird daraus ein impulsweitenmoduliertes Digitalsignal (PWM). Dabei entspricht ein großer Abstand zwischen aufeinanderfolgenden Impulsen des induzierten Signals (bzw. Flanken des integrierten Signals) der Information "0", zwei kleine Abstände liefern eine "1". In einer nachfolgenden Verarbeitungseinheit wird das Signal demoduliert, d.h. in ein gewöhnliches Digitalsignal mit unterschiedlichen Spannungspegeln für 0 und 1 umgewandelt. Pro Bit wird zweimal abgetastet. Unterscheiden sich die beiden Abtastzustände, handelt es sich um eine "1", bei Gleichheit um eine "0". Weil sich, insbesondere beim Durchzugs- und beim Einsteckleser, die Schiebegeschwindigkeit während des Einlesevorgangs ändern kann, muss die Abtastrate dynamisch angepasst werden. Zur Synchronisation beginnt jede Spur mit mehreren führenden "0". Plötzliche Geschwindigkeitsänderungen, zum Beispiel durch Anhalten während des Durchziehens oder durch Schmutzablagerungen auf der Karte, führen zu Schwankungen der Amplitude der induzierten Impulse und ihrer Abstände. Bei sehr langsamer Bewegung reicht die Amplitude nicht mehr aus, bei sehr schneller Bewegung das zeitliche Auflösungsvermögen der Auswerteschaltung. Für jeden Leser gibt es deshalb einen erlaubten Geschwindigkeitsbereich, der im zugehörigen Datenblatt angegeben werden muss.
Die jetzt vorliegenden Signale können in dieser Form von einem nachfolgenden Rechner noch nicht ohne weiteres verarbeitet werden. Der Demodulator muss entweder ein von der Abtastrate abgeleitetes Taktsignal mitübertragen (synchrone Übertragung) oder die komplette Sequenz zwischenspeichern, um sie anschließend mit konstanter Baudrate, z.B. im ASCII-Code asynchron zum Rechner zu übertragen.
Die erste Methode erfordert weniger Aufwand im Leser, jedoch eine spezifische Anschaltung an den Rechner über ein 4-adriges Kabel. Die auf der Karte mitgespeicherten Fehlersicherungsinformationen können im Rechner verarbeitet werden und dienen damit gleichzeitig zur Fehlersicherung für die Übertragung.
Die zweite Methode entlastet den Rechner, begnügt sich mit einer seriellen Standardschnittstelle, erfordert dafür etwas Mehraufwand im Leser sowie zusätzliche Fehlersicherungsmaßnahmen für die Übertragung vom Leser zum Rechner.

6.5   Protokoll

Die Spuren verwenden unterschiedliche Informationsdichte, Codesätze und Informationsmenge (s. Abb. 6-3). Alle Spuren enthalten vor der eigentlichen Information mehrere führende "0"-Bits zur Synchronisation. Darauf folgt ein Startzeichen ("start sentinel"). Die Information kann in Blöcke aufgeteilt werden. Zur Kennzeichnung des Blockendes wird jeder Block mit einem Trennzeichen ("separator") abgeschlossen. Den Abschluss der gesamten Information bildet ein Endezeichen ("end sentinel"). Danach folgt ein Prüfzeichen (LRC = longitudinal redundancy check). Jedes einzelne Zeichen enthält nach den eigentlichen Informations-Bits ein Paritäts-Bit, das die Anzahl der "1"-Bits des Zeichens auf eine ungerade Anzahl erhöht ("parity odd").

    ISO-Spur 1 (Track 1)

  • Wurde eingeführt von IATA (International Air Transport Association), um die Ausstellung von Flugtickets zu beschleunigen.
  • Enthält maximal 79 Zeichen (einschließlich Start, Ende und LRC)
  • Enthält maximal 76 Datenzeichen (einschließlich Trennzeichen)
  • Verwendet 7 bit-Code nach Abb. 6-4.
  • Aufzeichnungsdichte 8.3 bit/mm (= 210 bit/inch)
  • Üblicher Geschwindigkeitsbereich 100..1000 mm/s
  • Wird im Anwenderbereich nur gelesen

    ISO-Spur 2 (Track 2)

  • wurde eingeführt von ABA (American Bankers Association)
  • Enthält maximal 40 Zeichen (einschließlich Start, Ende und LRC)
  • Enthält maximal 37 Datenzeichen (einschließlich Trennzeichen)
  • Verwendet 5 bit-Code nach Abb. 6-4.
  • Aufzeichnungsdichte 3 bit/mm (= 75 bit/inch)
  • Üblicher Geschwindigkeitsbereich 100..1500 mm/s
  • Wird im Anwenderbereich nur gelesen

    ISO-Spur 3 (Track 3)

  • Enthält maximal 107 Zeichen (einschließlich Start, Ende und LRC)
  • Enthält maximal 104 Datenzeichen (einschließlich Trennzeichen)
  • Verwendet 5 bit-Code nach Abb. 6-4.
  • Aufzeichnungsdichte 8.3 bit/mm (= 210 bit/inch)
  • Üblicher Geschwindigkeitsbereich 100..1000 mm/s
  • Kann im Anwenderbereich gelesen und beschrieben werden

6.6   Datenauswertung

Magnetkartenleser sind typischerweise OEM-Produkte, die in größere und meist intelligente Systeme eingebaut werden. Der Grad der im Leser eingebauten Intelligenz ist deshalb Verhandlungssache. Bei größeren Stückzahlen kann es durchaus wirtschaftlich sein, vorverstärkte, aber analoge Lesesignale zum Rechner zu liefern und diesem die F2F-Decodierung zu überlassen. Meist wird diese jedoch bereits im Leser durchgeführt. Für diesen Fall hat sich als defacto-Standard ein serielles synchrones Übertragungsverfahren etabliert, das drei Datenleitungen mit TTL-Pegel und negativer Logik verwendet.
  • Datenimpuls (Read Data Pulse /RDP)
  • Taktimpuls (Read Clock Pulse /RCP)
  • Ladezustand (Card Loading Signal /CLS)
Der Empfänger übernimmt die Daten bei der fallenden Flanke des Taktsignals. Das Ladesignal /CLS schaltet sich nach maximal acht führenden "0"-Bits ein und versetzt den Empfänger in Lesebereitschaft. Dieser übernimmt dann die auf /RDP anliegenden Daten bei der fallenden Flanke von /RCP. Treffen eine gewisse Zeit lang keine Flusswechsel vom Lesekopf mehr ein (z.B. weil die Kartenbewegung unterbrochen oder beendet wurde), schaltet sich /CLS aus. Der Empfänger kann dann die Zeichenfolge auswerten.